LinkedIns inaktive Userinnen und User

Inaktive Accounts: Die Armee der lebenden Toten auf LinkedIn

von Christian Domke-Seidel

LinkedIn hat ein Problem mit inaktiven User:innen. Tote Nutzer:innen, Bots und Profile, die nicht kommunizieren, verfälschen die Statistik massiv.

Eigentlich hat LinkedIn 810 Millionen Accounts weltweit. 17 Millionen im DACH-Raum. Ganz uneigentlich ist aber nicht mal jeder zehnte davon aktiv. Statistiken zeigen, dass es Branchen gibt, in denen gerade einmal ein Prozent der LinkedIn-Nutzer:innen auch wirklich aktiv die Plattform nutzt. Und selbst hinter den User:innen, die sich einbringen, steckt oft nur eine Künstliche Intelligenz. Ein Problem, dass die Glaubwürdigkeit des Netzwerkes bedroht.

LinkedIn: 26,2 Milliarden Dollar für Unmengen inaktiver Accounts

Als Microsoft im Jahr 2016 das Businessnetzwerk LinkedIn übernahm, zahlt der amerikanische IT-Riese satte 26,2 Milliarden Dollar. Damals tummelten sich auf der Plattform rund 433 Millionen Nutzer:innen. Innerhalb der vergangenen sechs Jahre hat sich diese Zahl beinahe verdoppelt. Das Problem ist, dass es viele der Nutzer:innen nicht oder nicht mehr gibt. Oder sie inaktiv sind.

Schon die Statistik der aktiven und inaktiven Nutzer:innen ist erschreckend. Im DACH-Raum ist die Branche der Dienstleistungen für Unternehmen die aktivste auf LinkedIn. Oder besser gesagt: Es ist die am wenigsten inaktive Branche. Denn hier beteiligen sich gerade einmal jede:r fünfte Nutzer.in am Austausch auf der Plattform. Ähnlich sieht es in den Bereichen Software & IT-Services (19 Prozent aktive User) und Fertigung aus (17 Prozent). Auch im sonst sehr kommunikationsstarken Mediensektor sind gerade einmal 13 Prozent der User:innen aktiv.

Diese Branchen sind auf LinkedIn besonders inaktiv

Besonders wenige User:innen sind in den Sektoren Öffentliche Sicherheit und Landwirtschaft aktiv. Null Prozent, um genau zu sein. Die angemeldeten User:innen machen diese Bereiche zu digitalen Geisterstädten. Aber auch bei den Juristischen Dienstleistungen, Geisteswissenschaften (je ein Prozent aktive User:innen), sieht es nicht besser aus. Genau genommen gibt es keine Branche, in denen auch nur annähernd eine Mehrzahl der User:innen aktiv wäre.

Dabei spielt es keine Rolle, ob der DACH-Markt oder die US-User:innen betrachtet werden. Amerikanische LinkedIn-Nutzer:innen sind zwar geringfügig aktiver, für eine Trendwende reicht es aber nicht. So sind auch im Heimatland von Microsoft gerade einmal 23 Prozent der User:innen im Bereich Software & IT-Services auf LinkedIn auch tatsächlich aktiv. Dafür sind es in anderen Bereichen deutlich weniger. Wie beispielsweise in der Fertigung (8 Prozent).

Welche Rolle spielt Künstliche Intelligenz auf LinkedIn?

Die Statistik über inaktive User:innen wird noch durch das Phänomen der Künstlichen Intelligenz geschönt. Denn ob hinter allen aktiven Nutzer:innen auch tatsächlich echte Menschen stehen, darf bezweifelt werden. Das liegt an der Arbeit von Renée Di Resta und Josh Gold stein. Die beiden Wissenschaftler:innen vom Stanford Internet Observatory in Kalifornien haben im März 2022 über 100.000 gefälschte Accounts auf LinkedIn aufgedeckt.

Dahinter steckts ein Geschäftsmodell. Mit der Hilfe einer Künstlichen Intelligenz werden Profile erstellt. Die Bilder sind computergeneriert, die Lebensläufe erfunden. Das Einzige, das echt ist, ist der aktuelle Arbeitgeber. Der schickt die gefälschten Accounts auf Kundenakquise per Mail auf LinkedIn. Antwortet ein:e Nutzer:in, übernimmt ein echter Angestellte:r. Insgesamt 70 Firmen haben Di Resta und Goldstein enttarnt.

Wie viele gefälschte Accounts es gibt, ist völlig unklar. Bereits im Jahr 2019 beispielsweise löschte LinkedIn 21,6 Millionen Fake-Accounts. 95 Prozent davon – oder 19,5 Millionen – seien gar nicht erst online gegangen, weil bereits bei der Anmeldung klar gewesen sei, dass es sich um gefälschte Accounts handle.

Warum sind auf LinkedIn so viele inaktive Nutzer?

LinkedIn löscht keine Profile, die inaktiv sind. Es gibt dazu nichts in den Geschäftsbedingungen. Stirbt ein:e Nutzer:in muss das dem Netzwerk gemeldet werden. Dann kann LinkedIn das Profil löschen oder zumindest in einen „Gedenkzustand“ versetzen, wie es das Unternehmen bezeichnet.

Das zweite Problem dürfte die generelle Ausrichtung des Netzwerkes sein. Bei LinkedIn handelt es sich um eine Plattform, die Menschen auf beruflicher Ebene zusammenbringen soll. Während der Arbeitszeit wollen oder dürfen viele Arbeitnehmer:innen aber keine Zeit auf der Plattform verbringen. In der Freizeit sind sie dann aber auf anderen Seiten unterwegs. Für viele ist LinkedIn auch mehr eine Art digitale Visitenkarte, die kaum Pflege braucht.

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