Bei LinkedIn gibt es einen Gender Gap. In beinahe allen Berufsfeldern gibt es mehr Männer als Frauen. Recruiter:innen bevorzugen Männer und weibliche Profile werden seltener geklickt. LinkedIn ist eine Männerdomäne. Der Gender Gap auf der Berufsplattform ist enorm. Weltweit hat das Netzwerk 774 Millionen Nutzer:innen. Lediglich 43 Prozent davon sind weiblich, 57 Prozent sind männlich. In Österreich und Deutschland ist der Unterschied mit jeweils 61 Prozent zu 39 Prozent sogar noch gravierender. Diese Statistiken haben auch Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Denn LinkedIn ist nicht nur ein Geschäftsnetzwerk, sondern auch eine Jobbörse. Die Plattform vermittelt vier Personen pro Minute einen neuen Job.
Gender Gap auf LinkedIn: Männer werden mehr geklickt
Ist der Pool an Bewerber:innen aber von Männern dominiert, profitieren sie auch bei der Jobsuche überproportional. Laut LinkedIn selbst, ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Profil geklickt wird, um 13 Prozent höher, wenn es sich um einen Mann handelt. Ein Grund dafür, glaubt LinkedIn, sei die Bescheidenheit der Frauen. In Amerika würden sie elf Prozent weniger Fähigkeiten in ihr Profil eintragen. Aber Profile mit fünf oder mehr Fähigkeiten haben 17-mal mehr Besucher als Profile mit weniger Angaben. Innerhalb der einzelnen Branchen kommt es bei LinkedIn auf dem DACH-Markt zum Teil zu enormen Gender Gaps. In gerade einmal zwei Sektoren sind auf der Plattform genauso viele Frauen wie Männer vertreten. Bei den NGOs und im Sektor Wellness und Fitness. In allen anderen Berufsfeldern finden sich ausschließlich mehr Männer als Frauen. Sogar in der Gesundheitspflege, die in der Praxis von Frauen dominiert wird.
Weibliche und männliche Branchen auf LinkedIn
Innerhalb der Branchen sieht es dann so aus, dass im Bereich der öffentlichen Sicherheit gerade einmal 18 Prozent Frauen vertreten sind. Im Baugewerbe sind es nur 19 Prozent. Bei Energie und Bergbau sind es nur 25 Prozent. Eine naheliegende Erklärung wäre, dass es sich bei diesen Sektoren um „Männerberufe“ handelt. Das ist insofern richtig, als das viele handwerklichen Berufsgruppen in diesem Bereich männerdominiert sind. Diese Berufe sind allerdings tendenziell eher nicht auf LinkedIn vertreten. Das bedeutete, dass eben auch Management- und Leitungsfunktionen in den umsatzstärksten Unternehmen dieser Branche, männerdominiert sind. Und das trifft selbst auf Branchen zu, in denen selbst die gefühlte Frauenquote der öffentlichen Debatte höher ist. Selbst bei Immobilien (36 Prozent Frauen), Konsumgütern (31 Prozent) und sogar im Einzelhandel (37 Prozent) sind Frauen auf LinkedIn unterrepräsentiert.
Gender Gap: Von LinkedIn in die echte Welt
Es bleibt nicht bei einem digitalen Phänomen. Die negativen Auswirkungen des Gender Gap auf LinkedIn auf die echte Arbeitswelt sind spürbar. So stark, dass die Professorin Ridhi Kashyap und Doktorin Florianne Verkroost von der Oxford Universität ihnen im Jahr 2021 eine eigene Studie gewidmet haben. Sie betonen, dass digitale Netzwerke vor allem jenen helfen können, die es aufgrund von Hautfarbe, Geschlecht oder Herkunft auf dem Arbeitsmarkt schwerer haben. Dazu käme, dass Männer statistisch eher an Netzwerk-Aktivitäten außerhalb der Arbeitszeiten teilnehmen würden als Frauen. Vor allem, wenn es Kinder im Haushalt gibt.
Netzwerke wie LinkedIn dienen in der Theorie als flexibler Ausgleich dafür. Und die LinkedIn-Daten spiegeln die Gleichberechtigung im wahren Leben tatsächlich akkurat wider. Das Netzwerk ist in zweihundert Ländern der Welt verfügbar. In 34 davon sind genauso viele oder sogar geringfügig mehr Frauen auf der Plattform angemeldet als Männer. Daten der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zeigen, dass in 29 dieser Länder (darunter Lettland, Litauen, Myanmar und Vietnam) auch eine bessere berufliche Gleichstellung der Geschlechter herrscht.
Unterschied LinkedIn in den USA und im DACH-Bereich
Der Unterscheid zwischen den USA und dem DACH-Markt ist weniger deutlich, als gedacht. Die amerikanische LinkedIn-Userschaft ist ein bisschen weiblicher. In insgesamt fünf von 23 Branchen gibt es mehr oder zumindest gleich viele Frauen. Die juristischen Dienstleistungen, Non-profit-Organisationen, Geisteswissenschaften, Gesundheitspflege und Wellness und Fitness. Auch der branchenübergreifende Bereich der Ausbildung ist weiblich geprägt. Eine Statistik, die auf eine Zukunft mit mehr Gleichberechtigung hoffen lässt. Dass Frauen in der Arbeitswelt benachteiligt werden, ist nichts Neues. Die ILO rechnet vor, dass in Führungs-, Fach und technischen Berufen der Frauenanteil gerade einmal bei 45 Prozent liegt.
Besonders deutlich ist der Unterschied in Führungspositionen. Zwei Drittel werden von Männern gehalten. In Österreich ist nicht einmal ein Viertel der Aufsichtsräte der 200 umsatzstärksten Unternehmen weiblich (Deutschland: 30 Prozent) und satte 91 Prozent der Geschäftsführer:innen sind männlich (Deutschland: 85 Prozent). All das hat Auswirkungen. In Österreich verdienen Frauen laut Eurostat 19 Prozent weniger als Männer. In Deutschland sind es 18 Prozent. Der ebenfalls nicht berauschende EU-Durchschnitt liegt bei 13 Prozent. In Euro ausgedrückt heißt das, dass Frauen in ihrem Berufsleben 670.000 Euro weniger ausgezahlt bekommen als Männer. Die kommen auf 1,5 Millionen Euro, Frauen auf lediglich 830.000 Euro. Deswegen bekommen Frauen auch nur 68 Prozent der Rente von Männern und sind massiv von Altersarmut bedroht.
Gender Gap ist ein strukturelles Problem
In der öffentlichen Debatte wird oft darauf hingewiesen, dass Frauen sich eben um Kinder oder ältere Angehörige kümmern. Dass sie schlechter bezahlte Berufe oder Teilzeitbeschäftigung ergreifen. Doch das sind in ihrer Masse keine freiwilligen Entscheidungen. „Wenn 75 Prozent aller Mütter mit Kindern teilzeitbeschäftigt sind, kann mir doch niemand erzählen, dass das ein individuelles Problem ist – sondern wir müssen das strukturell angehen“, erklärt Katharina Mader, Ökonomin bei der Arbeiterkammer Wien. Und diese Struktur sehe so aus, dass Männer stärker steuerlich entlastet würden und die Sozialpolitik das Konzept der Mutter und Hausfrau subventionieren würde.
Ein Lösungsansatz könnte sein, dass klassische Männer- und Frauenberufe angeglichen werden, was die Bezahlung betrifft. In Neuseeland ist das der Fall. Benötigen zwei Berufe eine ähnlich lange Ausbildung und haben eine vergleichbare Belastung, soll das Gehalt angeglichen werden. Ein Beispiel wären körperlich anstrengende Pflegeberufe, in denen überwiegend Frauen beschäftigt sind, und der männlich dominierte Straßenbau. Neuseeland hat so vor allem die Bezahlung im Bildungssektor gehoben.
Grafik: LinkedIn Gender Gap nach Branchen – D.A.CH
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Grafik: LinkedIn Gender Gap nach Branchen – USA
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